Vor recht genau einem Jahr schrieb ich schon mal was zur Pandemie, seit dem ist viel passiert aber die Situation ist mehr oder weniger die gleiche nur mit weiteren Erkenntnissen. Verrückt.
Aktuell steht die Saison wieder vor der Tür, der Shakedown ist im April geplant. Aber was macht man wenn man mitten in der dritten Welle ist? Kann man fahren? Die Strecken scheinen auf, zumindest STC und Groß Dölln lassen einen. Mit Hygieneregeln, Masken, Abstand etc.pp. Es geht also! Die organisatorische Frage ist also im Gegensatz zum letzten Jahr, wo die Strecken alle dicht waren, geklärt. Dafür steht man vor der moralischen Frage. Oder besser gesagt, ICH stehe vor der moralischen Frage.
Dazu erzähle ich mal aus meinen Erfahrungen von Krankenhausbesuchen nach Crashes auf der Renne. Wenn man dann dort sitzt und das Pflegepersonal und die Ärzteschaft einen versorgt, kommt quasi immer die Frage “was haben sie denn gemacht?”, worauf man sein Sprüchlein “Mit dem Motorrad lang gemacht, auf der Rennstrecke” zum besten gibt. Bei jedem der gefragt hat habe ich dann ein obligatorisches Augenrollen geerntet, einen spitzen Spruch ala “Na dafür sehen sie aber noch gut aus!” bekommen oder ein begeistertes “Ich bin früher auch Motorrad gefahren, dass war schon cool”. Dann bekam ich die beste mögliche Behandlung die sie im Stande waren zu leisten. Immer. Ohne Vorwurf, ohne Kopfschütteln und ohne wenn und aber.
Ich denke und hoffe das wäre jetzt genauso, aber ich könnte diesen Menschen aktuell nicht mehr in die Augen schauen. Ich stelle mir das vor, ich mache mich (mal wieder) lang und brauche Versorgung. Ich komme in ein Krankenhaus in dem die dort Tätigen seit Monaten miterleben müssen was da abläuft und dann komme ich und sage “Mit dem Motorrad lang gemacht, auf der Rennstrecke”. Ich würde vor Scham im Boden versinken.
Und das ist nur der einfache Fall, der Fall wo ich mir weh getan habe aber nicht schlimm. Ich stelle mir vor es erwischt mich hart, ich muss ins Krankenhaus und ich benötige ein Bett in der Intensivstation. Jetzt davon mal abgesehen ob ich vielleicht kein Bett mehr bekomme oder weiter geschickt werde wo noch Betten frei sind. Aber in einem Intensivbett liegen, während die Station damit kämpft an diesem scheiß Virus erkrankte am Leben zu halten, nur weil ich bei meinem Risiko-Hobby auf die Nase gefallen bin. Das schon bisschen hart, findet ihr nicht?
Kann man also gar nicht mehr fahren? Ich denke man kann, aber aktuell kann und muss ICH mir das irgendwie verkneifen. Es wird wieder eine Zeit kommen wo das geht, wo die Zahlen wieder weniger erdrückend sind. Wo ich das Restrisiko wieder guten Gewissens wagen kann.
Bleibt gesund!