Manchmal ist Motorradfahren ja wie Fahren mit Autopilot. Man sitzt auf, wirft den Motor an, peilt grob ein Ziel an und das Motorrad trägt einen dorthin. Ohne das man grossartig über das Fahren nachdenkt wird man an grünen Wiesen, an Kornfeldern und Seen vorbei, durch Wälder, Auen und Dörfer getragen.
Man durchfährt schattige Alleen, hitzeschwere Freiflächen und kurvenreiches Geschlängel. Mehr als einmal schaut man sich um, guckt in die Landschaft und einem geht das Herz auf weil es so schön ist, dann seufzt man in seinen Helm, grinst und freut sich.

Irgendwann stellt man dann sein Motorrad ab, setzt sich in ein Cafe und isst ein Stück Kuchen, oder auch zwei, und fragt sich wie man jetzt eigentlich hierhin gefahren ist und warum eigentlich. Wenn der Kuchen dann alle ist, ist einem das aber auch schon nicht mehr so wichtig. Hauptsache nochmal, also wieder rauf auf das Raum- und Zeitkrümmungsgerät welches sich Motorrad nennt und noch eine Runde.

Am Ende kommt man wieder Zuhause an, etwas erschöpft aber sehr Glücklich. Der Popo schmerzt ein wenig und der Kopf kichert vor sich hin, weil er gerade sechs Stunden an nichts weiter wichtiges Gedacht und ca. 400 km Landschaft in sich aufgesogen hat. Feine Sache, dieses Motorradfahren.

Route

Würde Robin zu Batman sagen wenn die beiden heute mit in Linthe gewesen wären. Waren sie aber nicht! Dafür hab ich mich mir mit einer bunt gemischten siebenköpfigen Truppe anderer Motorradfahrer jede Menge Runden auf dem Rundkurs gegeben und natürlich alles was man sonst noch so an Fahrsicherheitsübungen machen kann durchgespielt.

Das schöne an solchen Veranstaltungen ist immer, man trifft nie auf Leute die eigentlich keinen Bock haben oder meinen das eh alles schon zu können. Sondern man hat naturgemäß immer ein paar unterdurchschnittliche Fahrer die unbedingt etwas dazulernen wollen, ein paar durchschnittliche Fahrer die gerne noch was lernen möchten und ein paar überdurchschnittliche Fahrer die wissen das man immer irgendwas lernen kann! Das ganze ist dann auch immer sofort sehr kollegial, hilfsbereit und freundlich. Motorradfahren verbindet, selbst wenn die einen auf Sportmotorrädern dort fahren und die anderen mit Reisedampfern. Toll.

Klar war, rein von der Theorie kommt da jetzt nichts neues mehr. Dazu müsste man vielleicht mal ein echtes Rennstreckentraining machen, das ist dann aber schon sehr speziell und hat mit Fahrsicherheit beim Fahren im öffentlichen Straßenverkehr nichts mehr zu tun. Reizen tut es mich trotzdem! Aber auch schon das bekannte nochmal aufzufrischen, die Theorie mal wieder bewusst in die Praxis umzusetzen und das ganze auch bei höheren Geschwindigkeiten und Nässe zu fahren hat eine Menge Aha-Erlebnisse gebracht.

Das Wetter war beinahe zu gut, ich hatte ja quasi kurz vorher gebucht weil abzusehen war das es keinen Regen geben wird, aber so ein bisschen bedeckt hätte auch nicht schaden können. Nach dem Mittagessen war es teilweise arg heiss auf dem Platz, zumindest wenn man für weitere Instruktionen anhielt und sich nicht zum fünfhundertsten Mal aus Helm und Handschuhen pellen wollte um sich danach wieder in die schweissnassen Handschuhe zu zwängen.

Zum Glück kann man es auf dem Kurs ganz gut Krachen lassen, da gab es dann ordentlich Fahrtwind und ich weiss jetzt das die Rasten der SV schleifen bevor auf dem Pilot Road 2 der Arm des Michelinmännchens weg ist! Reicht dann auch mit der Schräglage, fährt man so auf der Straße eh nicht, weil Reserven gibts dann keine mehr! Aufgeteilt wurde beim Fahren in zwei Gruppen, eine schnellere und eine langsamere. Der Kurs ist sehr kurvig und so kann man auch mit der SV problemlos an einer Ducati 999 oder RSV Mille R dranbleiben. Aber auch mal hinter jemandem Fahren der deutlich langsamer als man selbst ist kann ganz nützlich sein, man muss dann halt einfach mal das Tempo rausnehmen und kann sich dafür entspannt auf Linie und Technik konzentrieren.

Es gab zum Glück nur eine Flucht ins Gelände, diese allerdings sehr sauber ausgeführt so das es keinen Schaden an Mensch und Maschine gab. Einen Sturz beim Bremsen auf nasser Fahrbahn gab es auch. Dabei hat es genau das richtige Motorrad erwischt, eine alte BMW R80 mit stabilen Sturzbügeln um die Zylinder. Der ältere Herr der diese BMW Betrieb hat es also auch locker genommen und sich wieder auf das wirklich sehr schöne Stück geschwungen. Wäre die Ducati oder Mille gestürzt, daß wäre wesentlich teurer geworden!

Einen argen Schreckmoment hatte ich gegen Ende dann noch. In einer schnellen langgezogenen Links die dann in eine scharfe Links-Rechts-Schikane endet hab ichs beim runterschalten vor der Schikane übertrieben und die passende Drehzahl mit dem Zwischengas nicht getroffen. Resultat war ein dickes schwarzes S das mein Hinterrad auf den Asphalt malte. Leider war ich zu dem Zeitpunkt noch ein Stück in Schräglage.. das macht dann nicht so Laune. Da war wohl die Konzentration am Ende und das Tempo schon zu hochgeschraubt. Ich hab die nächste und auch letzte Runde dann ne Ecke langsamer gefahren und dafür den Ablauf nochmal sauber. Dann hatte ich auch erstmal genug und der Tag auch vorbei.

Auf dem Heimweg kamen mir die Kurven der Landstraßen dann jedenfalls lächerlich vor, Bremsen brauchte es für diese jedenfalls nicht. Vorgestern hätte das noch anders ausgesehen! Nächstes Jahr muss ich mir ein neues Training aussuchen, mal sehen was es da noch so gibt..

UPDATE: Ein Bild vom Schräglagentraining darf natürlich nicht fehlen! ;-)

20090806251

Nachdem die Fahrt in die Vogesen dem Hinterreifen den Rest gegeben haben und ich mit sichtbarem Metall am Hinterrad nicht nach Berlin zurückfahren konnte, habe ich den Montag damit verbracht über die lahme GPRS Internet-Verbindung lokale Reifenhändler zu suchen und Telefonisch nach ihren vorrätigen Reifen zu befragen. Natürlich wollte ich unbedingt nicht irgendwas haben, sondern dann auch gleich die Michelin Pilot Road 2CT. 

Die ersten drei Händler in der Gegend meinten sie hätten nix, nur den Vorderreifen oder nur den Hinterreifen. Den jeweils anderen könnten sie bestellen, Lieferzeit: 2-3 Tage. Das war natürlich unbrauchbar. Dann rief ich bei Motorrad Pfefferle in Münstertal an und der Chef persönlich meinte dann er hätte zwar nur einen passenden Vorderreifen da, könne aber bis Dienstag Mittag den dazu passenden Hinterreifen besorgen. Der Preis war mit 304 EUR inkl. Alreifenentsorgung und Einbau mehr als okay und so verabredeten wir uns für Dienstag ab 13:00 Uhr.

Am Montag Abend machte ich mir dann Sorgen ob ich mit dem angeschlagenen Hinterrad überhaupt noch die 50km vom Schluchsee bis zum Münstertal schaffen würde, zumal die Strecke dorthin recht anspruchsvoll und kurvig ist. Dazu geht sie noch über den Feldberg-Pass in 1200m Höhe. Da schneit es zu dieser Jahreszeit gerne mal!

Ein Anruf beim ADAC und der Nachfrage ob man mich vielleicht transportieren könnte, erbrachte dann die Erkenntnis das der ADAC einem nur hilft wenn man die Panne schon hat und das sie einen dann nur 25km weit abschleppen. Aha. Zumindest gab mir die nette Dame am Telefon noch zwei Telefonnummern lokaler Abschleppfirmen die für den ADAC arbeiten und so ging ich mit dem Vorsatz diese am Dienstag morgen anzurufen und einer gewissen Angst das Motorrad nach Müstertal fahren zu müssen ins Bett.

Am Dienstag morgen erbrachte der Anruf bei den besagten Firmen das sie für die Aktion locker 300 EUR haben wollen würden und den Tipp doch einfach ein Loch in den Reifen zu machen damit der ADAC tätig werden würde. So nicht, dachte ich mir und schwang mich wagemutig nach dem Frühstück auf die SV. Dann eben langsam und mit viel Gefühl die 50km fahren.

Glücklicherweise war das Wetter ideal, blauer Himmel, Sonne, kaum Wind. Ich fuhr also alle Beschleunigungsspitzen vermeidend die B500 in Richtung Feldberg, dann den Feldberg hinauf und wieder hinunter. Bog dann vor Schönau in Richtung Münstertal ab und schlängelte mich den Berg hinauf und dann ins Münstertal hinab. Alles langsamer als sonst, sehr touristisch und mit viel Zeit auch mal ein Blick auf die wunderbare Landschaft zu werfen.

Nach ca. einer Stunde fahrt rollte ich gegen 12:40 Uhr auf den Hof von Motorrad Pfefferle, kaufte mir ein Eis, setzte mich in die Sonne und wartete zufrieden das ich heil angekommen war das die Mittagspause zuende ging.

Um 13:00 Uhr rollte das Werkstatttor hoch und der recht junge Mechaniker begrüßte mich, der Chef war dann auch zur stelle und so schoben wir die SV auf die Hebebühne um ihr endlich die neuen Reifen zu verpassen.

Das Schrauben war dann sehr lustig, ich schaute dem Mechaniker die ganze Zeit auf die Finger, lies mir alles mögliche erklären und er erzählte mit einer ruhigen Gelassenheit was er da genau tat wie ich sie eigentlich nur von gut abgehangenen Mechanikern kenne. Das hier und da mit anpacken und selbst einsauen machte Spass. Eine gute Stunde später hatte die SV dann neue Füsse und ich 304 EUR weniger auf dem Konto, sowie der Mechaniker 5 EUR mehr Trinkgeld in der Tasche.

Nach dem losfahren vom Hof lies ich es langsam angehen, merkte aber sofort das die neuen Reifen Vertrauen gaben und ich das Motorrad kaum mehr kraftvoll in den Kurven am Lenker drücken musste sondern das es leichtfüßig und willig genau das tat was ich ihm befahl. Kurs setzen und durchpfeilen, fantastisch. Die 50km Rückfahrt war so angenehm das ich mich dazu entschloss einfach die 200km Einfahren, das man ja neuen Reifen gönnen soll, gleich zu absolvieren. Die Reifen wurden warm, der Motor wurde warm und ich wurde warm, bis ich ganz tief im Motorrad sass, die Kurven elegant und spielerisch von der Hand gingen und ich mit der SV in ihrem natürlichen Revier um die Ecken hetzte. Es war wie ein Sog, eine endlose Linie aus Kurven von der man nicht genug bekam. Dann irgendwann riss mich das blinkende Tanklicht aus dem Flow, ich war ca. 200km gefahren und so steuerte ich dann doch den Heimathafen an. Unglaublich.

Morgen gehts dann leider Richtung Berlin, ein letzter Ritt durch den Schwarzwald, man soll ja immer aufhören wenn es am schönsten ist. Keine ahnung wie ich fahre, es wird sich schon ein Weg auftun, so wie immer. Drei Tage hab ich Zeit. Am Wochenende will ich wieder, nein muss ich wieder, in Berlin sein. Grossstadt, Ampeln, 50-limit, endlose Geraden. Mir graut es.