Bin im Thüringer Schiefergebirge untergekommen der Ort heisst Eichicht, hier ist es Nebelig und es Regnet. Ein Einheimischer meinte es wäre so den ganzen Tag gewesen. Hoffentlich wirds morgen besser.

Beim losfahren war es auch Nebelig. Mehr oder weniger der gesamte Naturpark Altmühltal war im Nebel. Dahinter wurde es schlagartig besser und die Sonne kam raus. Überall sind die Bäume Gold-Gelben oder Orange-Rot. Sieht prima aus und macht natürlich beim durchfahren von Alleen ordentlich was her!

Leider ist die GPS Software zwischendrin abgeschmiert, so hab ich nur ein log von den ersten 135km. Bis Eichicht waren es aber nochmal min. 200km

Route in Google-Maps

Abreisen macht keinen Spass, hat es mir noch nie. Es gibt irgendwie immer ein trauriges Gefühl wenn man abreist. So auch heute, nach kurzem Frühstück hab ich mein ganzes Zeug in die Koffer verstaut und aufs Motorrad gesattelt. So richtig eine Idee wie ich fahren würde hatte ich immernoch, nur den gleichen Weg nochmal wie auf der Hinfahrt wollte ich natuerlich nicht.

Erstmal nach Osten dachte ich mir und so fuhr ich in Richtung Tuttlingen, dann viel mir der Naturpark Obere Donau auf, dort kann man prima an der Donau entlang fahren. Das versprach Kurvengeschlängel und Unterhaltung. So war es dann auch, zwischen Sandsteinfelsen von der Donau ins Land gefressen schlängelte sich die Straße durchs Tal, auf den Bergen die Herbstbunten Bäume und die Sonne am Himmel. Prächtig. Leider war das ganze zu schnell vorbei und ich musste nun ein wenig Weg nach Norden gutmachen. Als peilte ich grob Ulm an, aber so richtig gut ging das nicht. Ulm selbst war dann furchtbar, die Innenstadt ist ja sehr schön, das weiss ich von anderen Besuchen, aber der kram drumrum war nervig ohne Ende. Zersiedelt, platt, voll und gerade Straßen. Schrecklich.

Ich hab mich dann noch die B16 hochgequält, zwischen LKWs und lahmarschigen PKWs und hab dann in Donau-Wörth erfolglos bei zwei Pensionen nach Zimmer gefragt. Es ist wohl gerade Kulturfest dort. Zum Glück hab ich noch einen kleinen Gasthof weiter draussen gefunden wo ich jetzt ein prima Zimmer für 37,50 EUR inkl. Frühstück habe und mir zum Abendessen ordentlich den Bauch vollschlagen werde. 

Hoffentlich wird das Wetter morgen wieder so genial wie heute, ich konnte den ganzen Tag die Sommerhandschuhe anziehen. Ziel für morgen ist noch nicht klar. Aber gen Norden muss ich, das ist klar!

Route im Google-Maps

Nachdem die Fahrt in die Vogesen dem Hinterreifen den Rest gegeben haben und ich mit sichtbarem Metall am Hinterrad nicht nach Berlin zurückfahren konnte, habe ich den Montag damit verbracht über die lahme GPRS Internet-Verbindung lokale Reifenhändler zu suchen und Telefonisch nach ihren vorrätigen Reifen zu befragen. Natürlich wollte ich unbedingt nicht irgendwas haben, sondern dann auch gleich die Michelin Pilot Road 2CT. 

Die ersten drei Händler in der Gegend meinten sie hätten nix, nur den Vorderreifen oder nur den Hinterreifen. Den jeweils anderen könnten sie bestellen, Lieferzeit: 2-3 Tage. Das war natürlich unbrauchbar. Dann rief ich bei Motorrad Pfefferle in Münstertal an und der Chef persönlich meinte dann er hätte zwar nur einen passenden Vorderreifen da, könne aber bis Dienstag Mittag den dazu passenden Hinterreifen besorgen. Der Preis war mit 304 EUR inkl. Alreifenentsorgung und Einbau mehr als okay und so verabredeten wir uns für Dienstag ab 13:00 Uhr.

Am Montag Abend machte ich mir dann Sorgen ob ich mit dem angeschlagenen Hinterrad überhaupt noch die 50km vom Schluchsee bis zum Münstertal schaffen würde, zumal die Strecke dorthin recht anspruchsvoll und kurvig ist. Dazu geht sie noch über den Feldberg-Pass in 1200m Höhe. Da schneit es zu dieser Jahreszeit gerne mal!

Ein Anruf beim ADAC und der Nachfrage ob man mich vielleicht transportieren könnte, erbrachte dann die Erkenntnis das der ADAC einem nur hilft wenn man die Panne schon hat und das sie einen dann nur 25km weit abschleppen. Aha. Zumindest gab mir die nette Dame am Telefon noch zwei Telefonnummern lokaler Abschleppfirmen die für den ADAC arbeiten und so ging ich mit dem Vorsatz diese am Dienstag morgen anzurufen und einer gewissen Angst das Motorrad nach Müstertal fahren zu müssen ins Bett.

Am Dienstag morgen erbrachte der Anruf bei den besagten Firmen das sie für die Aktion locker 300 EUR haben wollen würden und den Tipp doch einfach ein Loch in den Reifen zu machen damit der ADAC tätig werden würde. So nicht, dachte ich mir und schwang mich wagemutig nach dem Frühstück auf die SV. Dann eben langsam und mit viel Gefühl die 50km fahren.

Glücklicherweise war das Wetter ideal, blauer Himmel, Sonne, kaum Wind. Ich fuhr also alle Beschleunigungsspitzen vermeidend die B500 in Richtung Feldberg, dann den Feldberg hinauf und wieder hinunter. Bog dann vor Schönau in Richtung Münstertal ab und schlängelte mich den Berg hinauf und dann ins Münstertal hinab. Alles langsamer als sonst, sehr touristisch und mit viel Zeit auch mal ein Blick auf die wunderbare Landschaft zu werfen.

Nach ca. einer Stunde fahrt rollte ich gegen 12:40 Uhr auf den Hof von Motorrad Pfefferle, kaufte mir ein Eis, setzte mich in die Sonne und wartete zufrieden das ich heil angekommen war das die Mittagspause zuende ging.

Um 13:00 Uhr rollte das Werkstatttor hoch und der recht junge Mechaniker begrüßte mich, der Chef war dann auch zur stelle und so schoben wir die SV auf die Hebebühne um ihr endlich die neuen Reifen zu verpassen.

Das Schrauben war dann sehr lustig, ich schaute dem Mechaniker die ganze Zeit auf die Finger, lies mir alles mögliche erklären und er erzählte mit einer ruhigen Gelassenheit was er da genau tat wie ich sie eigentlich nur von gut abgehangenen Mechanikern kenne. Das hier und da mit anpacken und selbst einsauen machte Spass. Eine gute Stunde später hatte die SV dann neue Füsse und ich 304 EUR weniger auf dem Konto, sowie der Mechaniker 5 EUR mehr Trinkgeld in der Tasche.

Nach dem losfahren vom Hof lies ich es langsam angehen, merkte aber sofort das die neuen Reifen Vertrauen gaben und ich das Motorrad kaum mehr kraftvoll in den Kurven am Lenker drücken musste sondern das es leichtfüßig und willig genau das tat was ich ihm befahl. Kurs setzen und durchpfeilen, fantastisch. Die 50km Rückfahrt war so angenehm das ich mich dazu entschloss einfach die 200km Einfahren, das man ja neuen Reifen gönnen soll, gleich zu absolvieren. Die Reifen wurden warm, der Motor wurde warm und ich wurde warm, bis ich ganz tief im Motorrad sass, die Kurven elegant und spielerisch von der Hand gingen und ich mit der SV in ihrem natürlichen Revier um die Ecken hetzte. Es war wie ein Sog, eine endlose Linie aus Kurven von der man nicht genug bekam. Dann irgendwann riss mich das blinkende Tanklicht aus dem Flow, ich war ca. 200km gefahren und so steuerte ich dann doch den Heimathafen an. Unglaublich.

Morgen gehts dann leider Richtung Berlin, ein letzter Ritt durch den Schwarzwald, man soll ja immer aufhören wenn es am schönsten ist. Keine ahnung wie ich fahre, es wird sich schon ein Weg auftun, so wie immer. Drei Tage hab ich Zeit. Am Wochenende will ich wieder, nein muss ich wieder, in Berlin sein. Grossstadt, Ampeln, 50-limit, endlose Geraden. Mir graut es.

 

Hinfahrt:

Nachträglich hier noch was zur Fahrt durch die Vogesen am Wochenende. Die Vogesen zeichnen sich dadurch aus das sie im Gegensatz zum Schwarzwald nicht nur in Frankreich liegen, nein sie haben sich auch einen Grossteil ihres Laubwaldes bewahrt! Wie unsere französischen Nachbarn das gemacht haben weiss ich allerdings nicht, entweder sie haben das ganze nicht so abgeholzt wie wir das in Deutschland gemacht haben oder sie haben sich für die richtige Form der Aufforstung entschieden

Ursprünglich war auch der Schwarzwald und auch andere Mittelgebirge Deutschlands mit Laubwald bedeckt. Erst die Abholzung durch den Menschen, vor allem als Brennholz bzw. zur Herstellung von Holzkohl die dann in Eisenhütten verbrannt wurde und die Wiederaufforstung durch Nadelholzbäume führte zu dem jetzt vorherrschenden Bild vom Nadelwald in unseren Mittelgebirgen.

Der Grund ist einfach: Nadelbäume wachsen schneller und recht gerade. Das hat den Vorteil das man das Holz besser zum Bauen verwenden kann und es schnell grosse Mengen davon gibt, leider hat es auch den Nachteil das schnell wachsendes Nadelholz nicht die Qualität eines lange wachsenden Laubbaumes haben kann. Man schaue sich nur mal alte Schränke aus Eiche an und vergleiche sie dann gegen Schränke aus Kiefer oder so. Nun werden ja inzwischen Schränke eh aus Pressholz-Platten und dergleichen hergestellt, aber der Nadelwald bleibt natürlich und auch die Aufforstung mit Laubwald ist langwierig, wird aber zumindest versucht.

Für mich als Touristen hat das der Nadelwald den Nachteil das er einfach nicht so schön aussieht wie ein Laubwald. Vor allem jetzt im Herbst. Der ach so Grüne Schwarzwald macht einfach nix her gegen die Gold-Gelben und Orange bepunkteten Vogesen! Na gut, seien wir fair. Auch im Schwarzwald gibt es inzwischen stellenweise wieder Laubbäume und das sieht gerade jetzt im Herbst auch fantastisch aus.

Aber zurück zum Wochenende.. wir sind ca. 130km von Schluchsee gefahren, die ersten Kilometer hat es aus Kübeln gegossen und es wollte auch nicht mehr aufhören. Wir hatten uns zum Glück schon sämtliche Regenklamotten Zuhause übergeworfen und waren somit bestens vorbereitet. Hinter Freiburg brach dann aber der Himmel auf und die Sonne kam raus. Im Sonnenschein fuhren wir über die Grenze, lange Brücken über den Rhein, nach Frankreich. In Colmar warfen wir dann erstmal die jetzt überflüssigen Regenklamotten ab und gönnten uns in einer Brasserie die mit hunderten von Quitscheenten dekoriert war einen Cafe Crema zur Aufwärmung.

Colmar ist ganz nett, aber total von Touristen wie uns überlaufen. Die Innenstadt war rappelvolle, zum Glück kann man Motoräder immer irgendwo Parken und so mussten wir uns nicht mit den Autofahrern um einen Stellplatz in einem Parkhaus kloppen. 

Als wir vom Cafe zu unserem Motorrad zurückkamen stellte ich mit Erschrecken fest das sich ein dicker Riss parallel zur Laufrichtung auf einer Stelle meines Hinterreifens aufgetan hatte. Der Reifen war also kurz vorm Exitus, von Mindestprofilmenge brauchte man nix mehr zu erzählen. Trotzdem entschieden wir uns noch weiter zu fahren um wenigstens noch ein Hotel für die Nacht zu suchen und so schlengelten wir uns auf der Weinstraße durch das Elsas das mit der Sonne und angenehmen Temperaturen klarmachte warum dort der Weinbau so verbreitet ist. 

Die Vogesen erklommen wir dann bis Orbey und hielten dann schliesslich bei einem Hotel im schönen Ort Pairis. Das letzte Zimmer des Hauses war dann kurzentschlossen unseres und der Tisch zum lecker den Bauch vollschlagen war auch für den Abend reserviert. Beim Abstellen des Motorrades viel mir dann leider auf das der Riss im Hinterrad sich inzwischen vollständig von Gummi befreit hatte und sich die französischen Strassen mit ihrem griffigen aber sehr rauem Belag bis aufs Metall durchgearbeitet hatten. Verdammter Mist, das sah nicht gut aus!

Aber Egal, nach einem kurzen Spaziergang mit der oben schon ausgeführten Feststellung zum Thema Laubwald in Mittelgebirgen und der kurzen Versuchung einen Immobilienmakler zwecks Kaufes eines schicken Hauses in örtlichen Tal anzurufen, gab es dann auch endlich etwas zu Essen. Ich entschied mich für das Vier-Gänge Menü und die beste Sozia von allen für das nächst kleinere 3-Gänge Pendant. Dazu noch eine Flasche Wein aus der Region und das große Fressen konnte losgehen. Leider überzeugten uns die Gänge nicht so ganz was Beilagen und Dekoration angingen, das Essen konnte einfach unseren Erwartnungen nicht standhalten, was nicht heist das es schlecht war, aber für den verlangten Preis hielt es einfach nicht was es versprach.

Vollgefressen ging es dann auch gleich ins Bett, zum Glück kein französisches Bett mit nur einer Decke, sondern getrennte Decken! Blöderweise bestanden die Kopfkissen aus einem harten Klotz Schaumstoff der sich kein Stück in eine brauchbare Form bringen lies und so schliefen wir die Nacht ohne Kopfkissen und in meinem Kopf nagte der Gedanke an den verschlissenen Hinterreifen..

Rückfahrt:

Nach einer eher schlecht geschlafenen Nacht und dem recht guten französischen Frühstück, es gab Brötchen und nicht nur Croissants, erwarteten uns die Vogesen mit blauem Himmel, aushaltbaren Temperaturen und Sonne. Wir zwangen uns also wieder in unsere Klamotten um trotz des Reifens wenigstens noch ein bisschen von dieser schönen Gegend zu sehen.

Unser erstes Ziel war eine Bonbon-Fabrik in Habeaurupt, leider mussten wir vor Ort feststellen das diese am Sonntag natürlich geschlossen ist und so gab es keine Süssigkeiten für uns, schade.

Wir schlängelten uns weiter auf eher drittklassigen Nebenstrassen durch Täler und verpassten dann die Abfahrt auf die D430. So gelangten wir eher aus Zufall nach Col de la Schlucht. Dort oben, immerhin ca. 1300m hoch war es verdammt kalt und abseits der Straße lag Schnee. Im Winter ist dies ein sehr beliebtes Ski-Gebiet, im Sommer ein Eldorado für die kurvenverliebten Motoradfahrer.

In meinem Kopf nistete sich der Riss im Hinterreifen fest und so hatte ich kaum eine Chance mich um die doch sehr schöne Umgebung zu kümmern oder die kurvige Strecke zu geniessen. Verspannung und Misstrauen zogen ein, nichts was man als Motorradfahrer in irgendeiner Weise haben möchte. Ich übte mich recht oft in Lockerungsübungen um wenigstens ein Grundlevel an Lockerheit aufzubringen um die Fuhre sicher zu bewegen.

In Munster machten wir nochmal halt damit die beste Sozia von allen den von dort stammenden Münster-Käse und andere örtliche Leckereien einkaufen konnte. Ich mache mir ja nix aus Weichkäse, das ist einfach nicht mein Ding. Aber die gekaufte Wurst roch sehr lecker!

Mir machte der Reifen weiterhin Sorgen, bis Schluchsee waren es gut und gerne noch 100km. Die Fahrt durch das Elsas, Colmar bis zum Rhein kamen mir endlos vor, die Fahrt nach Freiburg und weiter durch den Schwarzwald nach Titisee-Neustadt waren eine einzige Quälerei, nur aufgelockert durch zwei Pausen zum Tanken oder Kaffee und Kuchen. 

Dann endlich kam die letzte Kurve zum Schluchsee und wir rollten Heil in die Tiefgarage der Pension. Ich stieg von der SV, setzt den Helm ab und küsste mein Motorrad als Dank das es mich und die beste Sozia von Welt doch noch heil nach Hause gebracht hatte. Ich hab meine Lektion gelernt, das nächste mal wir kein Stück vor einer größeren Tour gezögert ob das Profil noch reicht wenn dies nicht 100% sicher ist.

Eins war klar, so konnte ich nicht am Dienstag nach Berlin fahren.. aber das ist eine andere Geschichte.

Das Boule-Spiel am Abend mit der Beluchtungs-Crew des Filmdrehs war dann aber noch sehr spassig, ich scheine da ein gewisses Talent zum Boule spielen mitzubringen. Vielleicht sollte ich das in Berlin auch mal machen.